Der Biber an der Jagst
Rätselhafte Objekte mehren sich in den letzten Jahren an der Jagst im Raum Kirchberg: seltsam behauene Stämme, angespitzte Stümpfe und bizarre Skulpturen an den Ufern. Während vor ein paar Jahren vor allem bei der Kochendörfer Mühle in Lobenhausen solches zu sehen war, begegnet man heute diesen Spuren im Mühlkanal in Mistlau, unterhalb des Ockenauer Steges, am alten Hornberger Wehr, in Eichenau an der Obermühle, zwischen Eichenau und Diembot, und auch in Diembot selbst sieht man an den Jagstufern diese „Kunst am Baum“.
Urheber ist ein eigenwilliger Handwerker: Castor Fiber, besser bekannt als Biber. Mit seinen selbst schärfenden Nagezähnen und mit unglaublicher Bisskraft bearbeitet er Baumstämme – und nicht nur Weiden und Pappeln! Dazu treibt ihn einfach der Hunger, vor allem im Winter, wenn er keine Kräuter und Stauden (oder Mais und Raps!) findet. Dann weicht der strenge Vegetarier auf die Rinde dünner Zweige und Äste aus. Weil er zum Klettern einfach zu schwer ist (ein ausgewachsener Biber wiegt zwischen 18 und 30 kg), fällt er die Bäume einfach. Eine Gefahr für den natürlichen Baumbestand ist der Biber in der Regel nicht, im Gegenteil, die meisten Ufergehölze treiben rasch wieder aus, und auch an den Ufern liegengebliebene Baumstämme sind ein Segen für die Flussökologie: Sie reichern das Wasser mit Sauerstoff an und bieten mit ihrem Algenbewuchs vielen Fischarten Nahrung, sie dienen als Unterschlupf und Brutstätten. Allgemein kann man sagen, dass der Artenreichtum im Bezug auf den Fischbestand in Gewässern mit Bibervorkommen steigt.
Die Biber, die bei uns langsam die Jagst erobern, stammen in der Regel aus Bayern. 1867 wurde dort der Biber ausgerottet, aber in den siebziger Jahren startete das Bayerische Landwirtschaftsministerium ein Wiedereinbürgerungsprojekt, jetzt leben ca. 10 000 Biber in Bayern. Da die Jungbiber nach ca. 2 Jahren von ihren Eltern aus ihrem Revier vertrieben werden, machen sie sich auf die Wanderschaft auf der Suche nach einem eigenen Revier. So erobern die Biber nun langsam den Nordosten Baden-Württembergs und breiten sich auch in unserem Land aus. An der Jagst im Kirchberger Raum ziehen immer wieder Biber durch, so richtig gefällt es ihnen hier nicht. Das mag vielfältige Gründe haben: Die Strömung ist zum Teil recht stark, die Ufer sind oft sehr steinig, der Wasserstand wechselt sehr stark. All das mögen die Biber nicht so sehr. Außerdem braucht eine Biberfamilie ca. 2 bis 3 Kilometer Ufer für ein Revier, so dass die Anzahl der Biber im Kirchberger Raum sich doch sehr in Grenzen halten wird.
Freuen wir uns auf ein Miteinander mit dem Biber, geben wir dem Biber Raum im Uferbereich (mehr Abstand zwischen intensiver landwirtschaftlicher Nutzung und Fließgewässer!) und bleiben wir bei Konflikten gelassen und sachlich!